Erich-Holthaus-Straße

Erich Holthaus 1891-1963

Erich Holthaus war ab 1948 erster Vorsitzender des VdK-Ortsverbands Herrsching und setzte sich in dieser Funktion für die Erbauung einer VdK-Siedlung ein (sozialer Wohnungsbau?), die 1956 mit 10 Häusern realisiert wurde. Ihm zu Ehren wurde die Straße in Lochschwab, an der die Häuser liegen, Erich-Holthaus-Straße genannt.

Heute wissen wir mehr über seine Person. Dr. Friedrike Hellerer, die Archivarin der Gemeinde Herrsching, recherchierte 2023 über Persönlichkeiten, nach denen Straßen in Herrsching benannt sind. Dabei stieß sie unter anderem auf folgende Fakten:

Erich Holthaus wurde am 20. August 1891 in Düren im Rheinland geboren. Er besuchte die Landwirtschaftliche Hochschule in Bonn-Poppelsdorf, die er ohne Abschlusszeugnis verließ und bezeichnete sich selbst als Landwirt.

Holthaus nahm als Offizier am 1. Weltkrieg teil und schaffte es bis zum Oberleutnant. Er erlitt schwere Verwundungen, unter anderem eine Beinamputation, und erhielt das EK 1. und 2. Klasse, das Verwundeten-Abzeichen in Silber, das Flieger-Abzeichen und das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse. Nach dem Krieg arbeitete er in Alling für die Raiffeisenorganisation.

1929 trat er dem „Stahlhelm“ bei, einem demokratiefeindlichen Zusammenschluss ehemaliger Frontsoldaten, die u.a. bewaffneten Saalschutz für die DNVP stellten.

In den Zwischenkriegsjahren musste Holthaus mehrmals in psychiatrische Kliniken eingewiesen werden, da er durch hohe Schmerzmittelgaben drogenabhängig geworden war und psychische Probleme hatte. Sein behandelnder Arzt bescheinigte ihm „schwere geistige und charakterliche Schädigungen.“

1934 wurde Holthaus Mitglied der SA und erhielt den Rang eines Obersturmbannführers, was dem Rang eines Oberstleutnant entsprach. 1942 kehrte er zur Wehrmacht zurück. Kurz zuvor war er zum Standartenführer der Jägerstandarte 3 ernannt worden. In der Parteikartei wird als Begründung für seine Beförderung folgende Beurteilung vermerkt: „Obersturmbannführer Erich Holthaus, der derzeitiger stellvertretender Führer der Jägerstandarte 3, ist trotz seiner schweren Verwundung, die er im Weltkrieg erlitt … unermüdlich für die Ausbildung der ihm unterstellten Einheiten tätig. H. hat sich um die Durchführung der Vorbereitungen für die freiwillige vormilitärische Wehrerziehung besonders verdient gemacht.“

In seiner Vernehmung vor der Spruchkammer im Jahr 1948 erklärte Holthaus, er sei 1938 unfreiwillig in die NSDAP aufgenommen worden. Gleichzeitig bescheinigte ihm der damalige Herrschinger Bürgermeister Rehm: „Galt als eifriger Anhänger des Dritten Reiches!“

In einem Entnazifizierungsprozess wurde Holthaus vorgeworfen, die Schwiegermutter des N.N. schwer belastet und bei der NSDAP denunziert zu haben. Holthaus schrieb an N.N.: „…Ich wollte Ihnen … sagen, dass ich es für meine selbstverständliche Pflicht als Nationalsozialist u. SA Führer gehalten habe, den Brief Ihrer Frau an meine Frau … sofort nach Erhalt dienstlich an eine maßgebende Stelle weiterzugeben. Denn das Verhalten Ihrer Schwiegermutter kann nicht mehr als dummes Gerede alter absterbender Weiber gewertet werden, sondern ist ein zielbewusstes Unterminieren, ja geradezu Landesverrat… Aber auch schon früher sah ich mich gezwungen, auf dies Treiben Ihrer Schwiegermutter u. deren Hintermänner aufmerksam zu machen. Ich hoffe, dass jetzt endlich diesem zersetzenden Treiben ein Ende bereitet wird.“ Denunziationen dieser Art führten in vielen Fällen direkt in ein KZ. In diesem Fall sind keine Folgen für die Betroffenen überliefert.

Erich Holthaus starb 1963 in Bad Tölz.

Mit dem heutigen Wissen und mit Blick auf die Geschichte erscheint der Straßenname in einem anderen Licht.