Ploetzstraße

Alfred Ploetz 1860-1940

Alfred Ploetz kam am 22. August 1860 in Swinemünde auf die Welt. Ploetz ging in Breslau zur Schule, wo er Carl und Gerhard Hauptmann kennenlernte. Schon 1879 gründete er einen „Schülergeheimbund“ „Zur Ertüchtigung der Rasse“. Ploetz studierte nach dem Schulabschluss zunächst Nationalökonomie in Breslau. Seine sozialistische Einstellung ließ ihn befürchten, durch die Bismarckschen Sozialistengesetze verfolgt zu werden, weswegen er 1883 nach Zürich floh. Zwischenzeitlich verbrachte Ploetz einige Zeit in Amerika, wo er in einer „Ikarien-Kolonie“ (vgl. „Ikarien“ von Uwe Timm) nach sozialistischen Grundsätzen lebte. Diese Erfahrungen endeten mit einer großen Enttäuschung und Ploetz kehrte nach Zürich zurück. 1887 wechselte Ploetz das Studienfach und widmete sich der Medizin. Er promovierte sich 1890. Ploetz gehörte in Zürich einem Kreis strenger Antialkoholiker an, zu dem auch Adolf Fick, der Vater des Architekten Roderich Fick zählte.

1895 veröffentlichte Ploetz sein Werk „Die Tüchtigkeit unsrer Rasse und der Schutz der Schwachen. Ein Versuch über Rassenhygiene und ihr Verhältnis zu den humanen Idealen, besonders zum Socialismus“. Darin wird eine Gesellschaft beschrieben, die nach rassehygienischen Idealen lebt. Es heißt: „… Nach Beginn der Schwangerschaft wird die junge Mutter als eine höchst wichtige Persönlichkeit betrachtet, man gewährt ihr alle möglichen Mittel für ihr eigenes und das Gedeihen ihrer Leibesfrucht, sowie für den ungestörten Ablauf der normalen Geburt. Stellt es sich trotzdem heraus, dass das Neugeborene ein schwächliches oder missgestaltetes Kind ist, so wird ihm von dem Aerzte-Collegium, das über den Bürgerbrief der Gesellschaft entscheidet, ein sanfter Tod bereitet, sagen wir durch eine kleine Dose Morphium.

Die Eltern, erzogen in strenger Achtung vor dem Wohl der Rasse, überlassen sich nicht lange rebellischen Gefühlen, sondern versuchen frisch und fröhlich ein zweites Mal, wenn ihnen dies nach ihrem Zeugniss über die Fortpflanzungsbefähigung erlaubt ist. Dieses Ausmerzen der Neugeborenen…“

Schon in einer Rezession dieser Schrift wurde darauf hingewiesen, dass jeder Versuch, rassenhygienische Tüchtigkeit wissenschaftlich zu definieren, in Unmenschlichkeit und Grausamkeit enden werde.

Seit 1904 gab Ploetz die Zeitschrift „Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie heraus. 1905 gründete er die Deutsche Gesellschaft für Rassenhygiene. Außerdem initiierte er mehrere Geheimbünde, die sich der „Rettung der nordischen Rasse“ und deren Reinhaltung verschrieben.

Laut Meldekarte zog Ploetz 1914 nach Herrsching. Er hatte das Gut Rezensried gekauft, wo er die Landwirtschaft betrieb und Versuche zur Genveränderung bei Kaninchen durch Alkoholismus unternahm.

1928 äußerte Ploetz sich zum Thema „Ziele und Aufgaben der Rassenhygiene“ in den Süddeutschen Monatsheften (1928/25/Heft6, S. 402-404): „Die Ausmerzung Minderwertiger wäre zu bewirken durch Abraten von der Ehe bei dazu Untüchtigen (Eheberatungsstellen), durch Eheverbote, durch freiwillige Sterilisierung von Verbrechern (Möglichkeit von Straferlass bei Sterilisierung), dauernde Asylierung der Geistesschwachen, Epileptiker und ähnliches.“

Gleich nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wird ein Gesetz aufgelegt und am 01. Januar 1934 verabschiedet, das erlaubt Personen zwangsweise zu sterilisieren, „wenn nach den Erfahrungen der ärztlichen Wissenschaft mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass Nachkommen an schweren körperlichen oder geistigen Erbschäden leiden werden“ (= „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“).

1934 erhielt Ploetz wegen seiner Verdienste um die theoretischen Grundlagen der Rassenhygiene und der Propagierung dieser Ideen den Pettenkofer-Preis zugesprochen. 1936 ernannte der „Führer und Reichskanzler“ Adolf Hitler Ploetz wegen seiner Verdienste um die deutsche Rassenhygiene zum Professor. 1940 starb Alfred Ploetz.

Zwischen 1934 und 1945 wurden von den Nationalsozialisten ca. 400 000 „Kranke“ zwangssterilisiert. Im gleichen Zeitraum wurden mehr als 200 000 Personen im Rahmen des nationalsozialistischen Euthanasieprogramms ermordet.